Gauß und das Erdmagnetfeld |
Das öffentliche Interesse an Naturwissenschaften wurde im 19. Jahrhundert durch einen Naturforscher ganz besonders geweckt: Alexander von Humboldt (1769-1859). Als junger Mann erkundete Alexander die Dschungel Südamerikas, doch verbrachte er einen Großteil seines Lebens in Paris, wo er unermüdlich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Errungenschaften der Naturwissenschaften lenkte. In seiner zweiten Lebenshälfte faßte er seine wissenschaftlichen Erkenntnisse in einem mehrbändigen Monumentalwerk namens "Kosmos" zusammen. |
Bis zu dieser Zeit maßen die Kompaßnadel - und die horizontal gelagerte, abwärts zeigende "Neigungsnadel" - sehr wohl die Richtung des Magnetfelds, aber was war dessen Stärke? Gauß ersann eine clevere Methode zur Messung der Stärke des Erdmagnetfelds mittels eines Hilfsmagneten, die heute in Praktika für untere Semester sehr populär ist. Aus der Himmelsmechanik war Gauß eine Methode zur Analyse der Schwerkraft bekannt, die er im folgenden auf die die Erde umgebenden magnetischen Kräfte - das "magnetische Feld" anwandte. Auch diese Methode ist noch immer in Gebrauch und besagt, daß das Erdmagnetfeld als Summe aus verschiedenen Anteilen aufgefaßt werden kann: einem dominierenden in Nord-Süd Richtung verlaufenden Dipol (2 Pole wie ein Stabmagnet), dessen Stärke mit dem Abstand r proportional zu 1/r3 fällt, plus einem Quadrupolfeld (4-Pole), das proportional zu 1/r4, plus einem Oktupolfeld (8 Pole), das proportional zu 1/r5 abfällt, usw. Das Feld eines isolierten "Monopols", welches genau wie die Gravitation mit 1/r2 abfällt, wurde niemals beobachtet. Magnetische Pole treten nach heutigem Kenntnisstand immer (mindestens) paarweise auf. |
Die neuen Werkzeuge zur besseren Messung und Beschreibung des Erdmagnetfeldes
führten zu verstärkten weltweiten Beobachtungen. Gauß und
Weber organisierten einen "Magnetischen Verein" für den Betrieb von
Observatorien, und Humboldt überzeugte den russischen Zaren, eine
Kette von Observatorien in Sibirien bauen zu lassen. Die größte
Unterstützung kam jedoch vom Britischen Empire, dessen von Sir Edward
Sabine geführter "Magnetischer Kreuzzug" zum Bau von Meßstationen
von Kanada bis nach Tasmanien führte (letzteres war damals noch
unter dem Namen "Van Diemen's Land" bekannt). Dieses umfangreiche Netzwerk
ermöglichte nicht nur die ersten globalen Modelle des Erdmagnetfeldes,
sondern bewiesen auch den weltweiten Charakter erdmagnetischer Stürme.
Man kann die heutigen magnetischen Modelle, die auf Satellitenmessungen beruhen, mit denen von Gauß von vor über 150 Jahren vergleichen. Ein Trend ist deutlich sichtbar: das dominierende Dipolfeld schwächt sich mit einer Rate von etwa 5% pro Jahrhundert ab (die Rate könnte sich seit 1970 noch verstärkt haben). Im unwahrscheinlichen Fall, daß der Trend unvermindert anhält, würde sich die Polarität des Erdmagnetfeldes in etwa 1500-2000 Jahren umkehren. Das magnetische Feld würde jedoch nicht ganz verschwinden, da die anderen Feldkomponenten (der 4-Pol usw.) sich inzwischen verstärken würden, und, wie Ned Benton gezeigt hat, die Gesamtsumme der magnetischen Energie praktisch unverändert bliebe. Doch die Vorzugsrichtung des Kompasses würde sich umkehren -- und "fossiler Magnetismus" von Gesteinen sagt uns heute, daß dies tatsächlich viele Male in geologischen Zeiträumen geschehen ist, zum letzten mal vor etwa 700,000 Jahren.
Nächste Station: Der magnetische Zyklus der Sonne
Empfehlung zum Weiterlesen:Die Homepage des Langmuir Labors beschreibt viele weitere Details der Blitzforschung, darunter eine kurze Abhandlung über natürliche Magnete.
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Autor und Kurator: Dr. David P. Stern
E-mail an Dr.Stern: earthmag("at" symbol)phy6.org
Deutsche Bearbeitung: Sven Friedel, Universität Leipzig
Letzte Änderung 17. September 2001