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Von elektronischen Magnetometern 

und vom Rauchen 


 

Fluxgate Magnetometer

    Mehr als 150 Jahre lang ähnelten Meßinstrumente für Magnetfelder denen von Coulomb -- einer Magnetnadel, die mittig an einem dünnen Quarzfaden aufgehängt war, oder einer geringfügigen Modifikation dieser Anordnung. Meist waren es jedoch sehr zerbrechliche Systeme von begrenzter Genauigkeit und nicht wirklich für den Einsatz in rauhem Gelände geeignet.

    Während des zweiten Weltkrieges wurden völlig neue Meßinstrumente entwickelt. Ein heute noch weit verbreiteter Typ, das Fluxgate-Magnetometer (nach seinem Erfinder auch Förster-Sonde genannt, Anm. d. Übers.) basiert auf der Sättigung magnetischer Materialien.

Ein typischer Elektromagnet, wie er gewöhnlich in Relais oder elektromechanischen Geräten verwendet wird, besitzt einen Eisenkern, um den die stromführende Spule gewickelt ist. Das magnetische Feld der Spule wird durch das Eisen extrem verstärkt, denn die Eisenatome bzw. ihre Anordnung in Kristallstrukturen sind magnetisch. 

    In gewöhnlichem Eisen zeigen die magnetischen Achsen der Atome in zufällige Richtungen, so daß die Summe ihrer Magnetfelder Null ergibt. Wenn aber ein Strom durch die Spule fließt, richten sich die magnetischen Achsen der Atome im Eisenkern aus. Ihr Magnetismus addiert sich zu der magnetischen Wirkung der Spule und es entsteht ein bedeutend stärkeres Gesamtfeld.

    Offensichtlich gibt es jedoch eine Grenze für diesen Prozeß: wenn alle Atome ausgerichtet sind (ein Zustand, den man als Sättigungsmagnetisierung des Eisens bezeichnet), kann der Kern das Feld nicht weiter verstärken. Erhöht man den Strom in der Spule trotzdem weiter, steigt das Magnetfeld nur noch um den Faktor, um den der Strom erhöht wird - jedoch ohne zusätzlichen Beitrag des Kerns. 

    Es gibt Materialien -- sogenannte Ferrite -- in denen die Sättigung abrupt und vollständig bei einer exakt definierten äußeren Feldstärke auftritt. Fließt ein hinreichend großer Wechselstrom durch eine um so einen Kern gewickelte Spule, dann klappt die magnetische Polarität des Kerns in symmetrischer Weise hin und her.

    Befindet sich ein derartiger Elektromagnet in einem äußeren Magnetfeld, das (vollständig oder teilweise) entlang der Achse des Ferritkerns ausgerichtet ist, wird diese Symmetrie verletzt. Während der Halbperiode, in der sich das Spulenfeld zum äußeren Feld addiert, tritt die Sättigung etwas früher ein, da sie von der magnetischen Gesamtfeldstärke abhängt, d.h. externer plus Spulenfeldstärke. Während der anderen Halbperiode, in der das Magnetfeld der Spule dem äußeren Feld entgegenwirkt, tritt die Sättigung etwas später ein, denn die Summe aus beiden ist etwas geringer als das Spulenfeld allein. Auf der elektronischen Auswertung dieser Asymmetrie beruht das Wirkungsprinzip eines Fluxgate-Magnetometers.

    Das klingt vielleicht nicht nach einem besonders empfindlichen Effekt -- doch mit ein paar Tricks (z.B. Ersetzen der stabförmigen Kerne durch ringförmige) kann es leicht zu einem solchen gemacht werden. Ein typischer Wert für die Intensität des Magnetfeldes an der Erdoberfläche ist 50,000 Nanotesla (nT). Das Fluxgate Magnetometer an Bord der Raumsonde Voyager 2 beobachtete mit hinreichender Genauigkeit die etwa 100,000fach schwächeren Magnetfelder der Planeten Uranus und Neptun. Das Instrumnet von Voyager 2 befindet sich am Ende eines langen Auslegers, weit genug entfernt von magnetischen Störungen durch die Ströme an Bord des Raumflugkörpers. Obwohl diese Ströme sehr gering sind, produzieren sie ausreichend starke Felder, um die Messungen des empfindlichen Magnetometers zu stören.

    Instrumente dieser Art müssen in jedem Fall mit Hilfe von bekannten Feldern geeicht werden. Es gibt auch noch andere elektronische Instrumente, z.B. jene, die auf den optischen Eigenschaften bestimmter Metalldämpfe aufbauen, doch ihre Erläuterung würde den Rahmen dieses kurzen Überblicks sprengen. Ein anderer Typus ist das Kernpräzessionsmagnetometer (Protonenmagnetometer), das kurz im Unterrichtsmaterial des Web Kurses "Von Sternguckern zu Raumschiffen" beschrieben wird und auf dem physikalischen Konzept atomarer Kreiselbewegung beruht. Dieser Effekt ist auch Grundlage der Kernspintomographie, einem medizinischen Verfahren zur Abbildung weicher innerer Organe, die mit Röntgenstrahlen nicht untersucht werden können - ohne die schädliche Wirkung von Röntgenstrahlen.
 
 

Folgen des Rauchens - magnetisch nachweisbar

    Empfindliche Magnetometer haben vielfältige Anwendungsgebiete. Sie sind natürlich unverzichtbar an Bord von Satelliten und in Flugzeugen sowie zur Kartierung der Feinstruktur des Erdmagnetfelds, z.B. in der Erkundung von Ölvorkommen. In Flughäfen werden sie zum Aufspüren von Feuerwaffen benutzt, während Bibliotheken und Kaufhäuser ihre Waren magnetisch markieren, um Diebstahl zu verhindern. Die Marine benutzt Magnetometer, um U-Boote unter Wasser aufzuspüren, und Vermesser lokalisieren mit ihrer Hilfe im Boden vergrabene oder durch Vegetation verdeckte Grenzzeichen.

    Vielleicht die eindrucksvollste Anwendung solcher Geräte bieten die medizinischen Experimente von Dr. David Cohen am Massachussetts Institute of Technology (MIT). Cohens Labor war mit Abschirmspulen umgeben, die den größten Teil des Erdmagnetfeldes auslöschten. Im Inneren befand sich ein kleiner Raum, der jegliche magnetischen Restfelder unterdrückte. Er war mit fünf Wänden versehen, wie eine russische Matrioschka Puppe; sie bestanden aus abwechselnden Schichten von Eisen (zur Abschirmung von stationären Magnetfeldern) und Aluminium (zur Abschirmung von elektromagnetischen Fluktuationen). 

    Da kein meßbares magnetisches Feld in das Innere dieses Raumes vordringen konnte, eignete sich der Raum also bestens für extrem empfindliche magnetischer Messungen. Cohen experimentierte mit magnetischen Signalen des Herzens und des Gehirns, doch sein verblüffendster Effekt (veröffentlicht 1979) betraf die menschlichen Lungen. Die Luftwege im menschlichen Körper sind mit feinsten wimpernartigen Haaren besetzt, die sich beständig hin und herbewegen und so langsam jeglichen Schmutz auskehren, der sich in ihnen angesammelt hat (Cohen nannte diese Wimpern "einen sich bewegenden Teppich"). Zur Untersuchung dieses Selbstreinigungseffektes der Lungen beschäftigte Cohen ein Dutzend Freiwillige, die er kleine Mengen von Eisenoxid einatmen lies, welche harmlos aber magnetisierbar waren.

    Während des folgenden Jahres wurde regelmäßig gemessen, welche Restmenge an Staub sich noch in der Lunge befand. Dies geschah folgendermaßen: Zunächst stellte sich jeder Proband zwischen zwei Spulen, durch die langsam ein starker Strom geleitet wurde. Dadurch wurden die Staubpartikel in den Lungen magnetisiert und parallel ausgerichtet. Da die Partikel sich jeweils langsam wieder irregulär orientierten, mußte diese Prozedur zu Beginn jeder Untersuchung wiederholt werden. Anschließend kletterten die Probanden nacheinander in den abgeschirmten Raum, wo die Magnetisierung ihres Brustraums gemessen wurde.

    Während der Beobachtungszeit verringerte sich die Menge des Staubes kontinuierlich bei allen Probanden, zunächst rapide, dann etwas langsamer, und erreichte schließlich 10% des Anfangswertes. Dadurch wurde zunächst die Wirksamkeitt der Selbstreinigung der Lungen gegenüber Staub bewiesen. Die Überraschung kam allerdings von 3 Probanden, die man in einer Art Zusatzexperiment aufgenommen hatte - allesamt starke Raucher. Ihre Lungen reinigten sich bedeutend langsamer. Nach einem Jahr enthielten sie noch immer etwa 50% des Staubes.

    Cohen schlußfolgerte, daß starkes Rauchen nicht nur Teer in den Lungen ablagerte, sondern auch deren Vermögen zur Selbstreinigung einschränkte. Er vermutete darin eine Erklärung für die Beobachtung, daß eine Kombination von starkem Rauchen und Arbeit in asbest verseuchter Umgebung bei weitem öfter zu Lungenkrebs führt als man durch bloße Addition dieser beiden Effekte erwarten würde. Neben der krebserregenden Wirkung von Asbest ist es vor allem die verminderte Selbstreinigungskraft der Lungen, verursacht durch Tabakteer und Rauch, die der Krankheit zum Ausbruch verhelfen.


Empfehlung zum Weiterlesen

Cohen, David et al., Smoking Impairs Long-Term Dust Clearance from the Lung, Science, 204, 514-7, 4 May 1979 

Für Leser mit technischem Hintergrund: A History of Vector Magnetometry in Space by Robert C. Snare, Institute of Geophysics and Planetary Physics, UCLA.

Ness, Norman F., Magnetometers for space research, Space Sci. Rev.,11, 459-554, 1970

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Autor und Kurator:   Dr. David P. Stern
     E-mail an Dr.Stern:   earthmag("at" symbol)phy6.org

Deutsche Bearbeitung: Sven Friedel, Universität Leipzig
Letzte Änderung 17. September 2001

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