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Magnetismus von Gilbert bis 1820


Frühe Studien des Magnetismus wurden aus einem sehr praktischen Motiv heraus durchgeführt: Schiffe, die über die Ozeane navigierten, verließen sich auf den magnetischen Kompaß. Ihre Kapitäne mußten wissen, um wieviel "magnetisch Nord" von der "wahren" Nordrichtung abwich.

Henry Gellibrand (sprich "Dschellibrend") veröffentlichte 1635 Beweise, daß sich diese Abweichung  mit der Zeit langsam änderte. Dies war eine beunruhigende Entdeckung, hieß das doch, daß alle Beobachtungen mit einem lokalen Kompaß nach einigen Jahrzehnten ungenau wurden und folglich ab und zu wiederholt werden mußten.

Und aus theoretischer Sicht betrachtet: Wie konnten die magnetischen Eigenschaften so einer allmählichen Veränderung unterliegen? Kein bekannter Magnet verhielt sich so. Edmond Halley, der berühmte Entdecker des nach ihm benannten Kometen, lieferte 1692 eine geniale Erklärung. Er behauptete, das Innere der Erde bestehe aus Schichten, Kugeln in Kugeln (oder Kugelschalen in Kugelschalen). Jede Kugelschale sei unabhängig magnetisiert und rotiere langsam in bezug auf die anderen.

    (Die heutige Erklärung des Erdmagnetismus berücksichtigt elektrische Ströme tief im Inneren des geschmolzenen Erdkerns. Wir kommen in späteren Abschnitten dieser Seite darauf zurück. Doch tatsächlich hat die Erforschung von Erdebebenwellen später gezeigt, daß die Erde wirklich aus "Kugeln in Kugeln" besteht, von denen zwei der flüssige äußere Kern und der darin eingebettete feste "innere Kern" sind. Erst kürzlich zog man zur Erklärung der Erzeugung des Erdmagnetfeldes eine kleine Differenz in der Rotationsgeschwindigkeit zwischen diesen Kugeln heran.
Edmond Halley
Halley war so stolz auf seine Theorie, daß er sich 80jährig vor dem Modell einer geschichteten Erde porträtieren ließ. 1698 kommandierte er auch selbst ein kleines Schiff, die Paramore (oder Paramour), auf einer Reise zur Aufnahme einer Karte des magnetischen Feldes im Atlantik. Die Reise wurde lebensgefährlich, als die 16 Meter lange Paramour  in dichtem Nebel antarktischen Eisbergen ausweichen mußte (mehr über diese Geschichte findet sich hier). Aus einen Beobachtungen konstruierte Halley die erste magnetische Weltkarte (tatsächlich war sie erste kontourierte Karte überhaupt). Diese Karte war noch im 18. Jahrhundert sehr gebräuchlich,  allerdings wegen der inzwischen eingetretenen Veränderungen des Erdmagnetfelds nicht mehr ganz aktuell (Hier ist sie abgebildet) .

1724 fand George Graham heraus, daß die Kompaßnadel manchmal um einen kleinen Winkel ausschlug, etwa für einen Tag lang. Ein Jahrhundert später nannte Alexander von Humboldt solche Ereignisse magnetische Stürme. Die Effekte waren offensichtlich weit verbreitet: Anders Celsius in Uppsala beobachtete zur selben Zeit ein solches Ereignis wie Graham in London, und wiederum ein Jahrhundert später stellte sich heraus, daß magnetische Stürme weltweit auftraten. Celsius und sein Student Hiorter beobachteten auch magnetische Störungen in Zusammenhang mit "Nordlicht" (Polarlicht, Aurora); heute bezeichnet man diese Art von Störungen als "magnetische Teilstürme".

Während all dieser Zeit war die einzige bekannte Form von Magnetismus der permanente Magnetismus von magnetisiertem Eisen oder natürlichen Magneteisensteinen. Die magnetische Kraft eines Pols am Ende eines Magneten schien so etwas ähnliches zu sein wie die Gravitation oder die elektrische Kraft, denn sie verringerte sich mit dem Abstand r vom Pol etwa im Verhältnis 1/r2. Diese "invers quadratische" Abhängigkeit wurde 1777 von Charles Coulomb in Frankreich bestätigt, und zwar durch Versuche mit einer magnetischen Nadel, die auf einer verdrillbaren Saite befestigt war. Coulomb schuf mit diesem Instrument den Prototypen der meisten magnetischen Detektoren der folgenden 170 Jahre.

Der Hauptunterschied zur Gravitation war allerdings, daß diese stets eine Anziehung ausübte, während im Magnetismus auch Abstoßung auftrat. Jonathan Swift schlug in satirischer Weise vor, solch eine Abstoßung könnte als "Anti-Gravitation" wirken und eine Insel frei im Raum schweben lassen, wie dies in der dritten von "Gullivers Reisen" (1726) beschrieben ist. 


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Autor und Kurator:   Dr. David P. Stern
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Deutsche Bearbeitung: Sven Friedel, Universität Leipzig
Letzte Änderung 17. September 2001

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